FOSSGIS 2024/OSM-Samstag/Ergebnisse/Finanzierung
Bericht von der Session "Finanzierung"
In dieser Session haben wir uns die Frage gestellt: Wie wollen wir uns in Zukunft finanzieren? OpenStreetMap steht vor vielen Herausforderungen und die sind nicht alle allein mit ehrenamtlicher Arbeit zu leisten. Wir müssen Wege finden, wie wir Arbeit für die Gemeinschaft auch bezahlen können. Und für diejenigen, die gerne mehr für OSM machen wollen als man in einem Hobby leisten kann, müssen wir Wege der Finanzierung finden. Lasst uns mal offen diskutieren, wie wir Spenden eintreiben oder Sponsoren finden. Oder wie wir Firmen, die OSM benutzen und davon profitieren, an den Kosten beteiligen. Oder vielleicht gibt es ja noch ganz andere Ideen?
In einer Stunde Diskussion konnten wir das Thema dabei natürlich nur anreißen. Hier ist die Zusammenfassung der Session:
Mitgliedschaft
Der FOSSGIS e.V. als Vertretung der OSM-Community in Deutschland hat nur wenige Mitglieder, derzeit etwa 290. Davon sind 36 juristische Personen, die eine höheren Beitrag (200 EUR statt 40 EUR) zahlen. Insgesamt kommt damit natürlich nicht viel Geld rein. Firmen sind Mitglieder wie natürliche Personen auch, d.h. sie haben jeweils eine Stimme in der Mitgliederversammlung.
Zum Vergleich: Die OSMF hat über 1000 Mitglieder, das sind immernoch nicht sehr viele. Die OSMF hat auch ca. 50 "corporate members" in verschiedenen Stufen von "Supporter" bis "Platinum", die je nach Stufe zwichen 750 EUR bis 30.000 EUR bezahlen. Anders als beim FOSSGIS sind die "corporate members" eher "Fördermitglieder", keine normalen Mitglieder, sie haben auch kein Stimmrecht.
Ganz anders sieht es bei der Wikimedia Deutschland aus, die über 100.000 Mitglieder haben. Der Verein finanziert sich zu 1/3 aus den Mitgliedsbeiträgen. Das ist natürlich eine ganz andere finanzielle Basis.
Um mehr Einnahmen zu generieren könnten wir mehr Mitglieder gebrauchen. Mitglieder werben und zu betreuen ist aber auch aufwändig und um hier erhebliche Mehreinnahmen zu erzielen müßten es schon eine ganze Menge mehr Mitglieder sein.
Beim FOSSGIS gibt es auch noch zu bedenken, dass der Verein so ein bischen zwei Seiten hat: Die "Software"-Seite und die "OpenStreetMap"-Seite. Zwar arbeiten wir schon lange gut zusammen, aber wenn wir jetzt beispielsweise ganz massiv Mitglieder aus der OSM-Community einwerben, dann würde der Verein eine Schlagseite bekommen. Andersherum stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Einnahmen und Ausgaben für die verschiedenen Bereiche sich die Waage halten. Die Frage nach der Finanzierung führt hier also schnell zu der Frage, was der FOSSGIS eigentlich ist, wen er vertreten will und was für Aktivitäten er entfalten will.
Bei den Firmenmitgliedschaften im FOSSGIS ist noch etwas Luft nach oben. Sowohl wenn es um die Anzahl der Mitglieder geht als auch bei der Höhe der Beiträge. Man könnte sich ähnlich wie die OSMF aufstellen und verschiedene Mitgliedschafts-Level vorstellen. Die Frage ist dann aber, ob das noch "Mitgliedsbeiträge" sind oder doch eher "Sponsoring".
Sponsoring
Der FOSSGIS hat ja schon viel Erfahrung mit Sponsoring der Konferenzen, über das die meisten Einnahmen des Vereins generiert werden. Es gibt dabei mehrere Stufen von Bronze bis Platin. Die meisten Sponsoren sind Firmen aus dem Software-Bereich. Im OSM-Umfeld gibt es ein riesiges Potential von Firmen, die OSM nutzen. Die sprechen wir bisher aber garnicht an. Teilweise sind die Mitglied bei der OSMF, aber auch das ist nur eine winzige Minderheit. Wir stehen hier natürlich in gewisser Weise in Konkurrenz zur OSMF, die potentiell die gleichen Firmen anspricht. Andererseits können wir Firmen in Deutschland natürlich leichter ansprechen. Und der FOSSGIS hat ja auch schon beschlossen, dass wir die OSMF jährlich finanziell unterstützen wollen, es geht also eher um eine Zusammenarbeit als um eine Konkurrenz.
Neben dem Sponsoring für die Konferenz wäre es denkbar, ein generelles Sponsoring einzuführen. Für den Verein. Oder auch "direkt" für OSM, mit z.B. dem Logo auf openstreetmap.de als Gegenleistung. Das wäre dann nicht mit einer Mitgliedschaft verbunden, was es vielen Firmen auch leichter macht, die keine langfristigen Verpflichtungen eingehen wollen. (Andererseits wollen wir die Sponsoren natürlich längerfristig an uns binden, denkbar wäre z.B. dass man auch 3-Jahres-Sponsoringverträge abschließt oder dergl.)
Es bleibt die Frage, was es (außer dem Firmenlogo) ggf. als Gegenleistung geben kann bzw. wie wir an die Firmen herangehen und sie überzeugen, sich zu beteiligen. Kurz überlegt wurde auch, ob man eine Art "Zertifikat" herausgeben will, mit dem Firmen dann werben können als "gutes Mitglied der OSM-Community". Sowas wären aber natürlich auch wieder mit vielen Fragen (und Aufwand) verbunden.
Dienstleistungen
Eine Möglichkeit zur Finanzierung wäre es, etwas zu verkaufen. Die OSM-Community ist bisher kein "Dienstleister", aber es wäre im Prinzip natürlich denkbar, dass man auch gewisse Dienste gegen Geld anbietet. Der FOSSGIS verlangt ja auch Geld für die Konferenz, die gleichzeitig Teil seiner "Mission" und auch Geldquelle ist. Aber wir würden damit ggf. auch als Konkurrenz zu unseren Mitgliedern und Sponsoren auftreten, was seine eigenen Probleme mit sich bringt.
Man muss ja auch nicht gleich daran denken, ein Full-Service-Karten-Provider zu werden. Aber es gibt vielleicht doch einige kleinere Bereiche, die von der freien Wirtschaft garnicht abgedeckt werden. Vorgeschlagen wurde zum Beispiel, dass der Tagungsband der Konferenz als "book on demand" auch verkauft werden kann. Das würde es auch Mitarbeitern in Firmen und aus der Verwaltung ermöglichen, einen kleinen Beitrag zu leisten, in dem sie einfach so ein Buch bestellen. Die zu erzielenden Einnahmen sind aber sicherlich nicht sehr groß. Aber der Aspekt ist interessant, dass man so eine niederschwellige Möglichkeit schafft, OSM zu unterstützen, ohne Ausschreibung und ohne beim Chef um Geld zu fragen.
Andere Ideen, die in diesen Bereich fallen sind OSM-Schulungen oder Hilfe/Beratung bei Auschreibungen, die was mit OSM zu tun haben. Das sind ja beides Bereiche, in denen die Neutralität des gemeinnützigen Vereins von Vorteil sind und die, ähnlich wie die Konferenz, dem ganzen Open-Source/Open-Data-Ökosystem zu gute kommen.
Zusatzzahlungen von Endkunden
Eine Idee war auch, ob Endkunden (z.B. Nutzer ein App) vielleicht bereit sind neben dem Geld, was sie für einen Dienst zahlen, einen freiwilligen Zusatzbeitrag an OSM zu zahlen. Vorteil wäre, dass man bestehende Zahlungswege mitnutzen könnte und ggf. ein sehr große Nutzerschaft ansprechen kann, sodass auch bei kleinen Beiträgen viel Geld zusammenkommen kann. Es setzt aber die Zusammenarbeit mit entsprechenden Anbietern voraus und man muss das auch entsprechend bewerben, damit die Nutzer auch verstehen, was sie damit unterstützen und warum.
Projektförderungen
Angesprochen wurde auch, dass es Gelder von EU, Bund, Ländern und vielen Stiftungen gibt. Die werden in der Regel aber nur als Projektförderungen vergeben. Und auch nur für eine begrenzte Zeit. Wir werden aber sicher auch solche Geldquellen anzapfen müssen. Weil die Zeit knapp wurde, haben wir über dieses Thema nicht mehr viel geredet. Jochen arbeitet daran, solche Möglichkeiten zu Förderungen zu sammeln.
Fazit
In der Session haben wir mal enie Menge Ideen gesammelt. Wir haben vielleicht eine bessere Vorstellung, was vielleicht alles möglich wäre, aber das ist nur der Anfang. Sicherlich wird die künftige Finanzierung aus vielen Bausteinen bestehen müssen. Um so breiter wir uns aufstellen und den richtigen Finanzierungs-Mix finden, um so weniger sind wir abhängig von einseitigen Interessen.
Wer noch Ideen oder Kontakte hat, kann sich gerne bei mir (jochen.topf@fossgis.de) melden. Ich werde auf jeden Fall an diesen Themen dran bleiben.
Vielen Dank an Marc Gehling für den Mitschrieb bei der Versammlung, auf dem dieser Text teilweise basiert.